Die Orgel von 1938/1983
Im Jahr 1937 sah man sich imstande, die Wiederherstellung der 1917 schwer in Mitleidenschaft gezogenen Orgel (mehr dazu>) in Angriff zu nehmen. Grundlage war die allgemeine Aufbruchsstimmung des Nationalsozialismus. Auch die Orgelkultur war mittlererweile von der „Bewegung“ erfasst worden. Der künstlerische Leiter des Vorhabens, Prof. Fritz Heitmann, war Organist am Berliner Dom, Professor für Orgel in Berlin und gefragter Konzertorganist wie auch Berater im Orgelneubau. Wie erhaltene Aufnahmen und die Stimmen der Zeitgenossen bezeugen, war Heitmann ein großartiger Organist, stellte sich mit seinen Gaben allerdings völlig in den Dienst des Systems. Wie schon mehrere Male zuvor arbeitete er auch in Rostock mit der Firma „Wilhelm Sauer Orgelbau (Inhaber Dr. Oscar Walcker), Frankfurt/Oder“ zusammen.
1938 begannen in Rostock die Montagearbeiten. Aufgrund der seit 1935 geltenden Rationierung von Buntmetallen und anderen kriegswichtigen Materialien wurde nahezu alles an Pfeifenwerk und Technik wiederverwendet, was noch erhalten und betriebsfähig war. Die Spieltraktur wurde von Mechanik (bzw. Pneumatik für die neuen Werke von 1907) auf Elektrik umgestellt, wobei sämtliche Windladen beibehalten wurden. Bei den Schleifladen von 1793 kam hiermit dieselbe Technik zum Einsatz (Abstromsystem), welches in englischen Kathedralorgeln bis heute vorherrscht. Der neue Spieltisch wurde auf die Südspitze der Empore gesetzt, da man ihn für die Mitte für zu schwer hielt. Die Arbeiten wurden nicht nur unter materiellen Einschränkungen, sondern auch in sehr knappem Zeitraum ausgeführt, so dass trotz der hohen Reputation der Firma Sauer nur ein mittelmäßiges Instrument entstand. Die Einweihung der Orgel erfolgte mit Fritz Heitmann als Organisten am 6. November 1938, drei Tage vor der Reichspogromnacht.
Im Jahr 1983 renovierte der VEB Wilhelm Sauer das Instrument im Rahmen der damaligen Möglichkeiten. Verwurmte Holzpfeifen wurden ersetzt, die elektrischen Antriebe der Schleifen erneuert und die Windladen von Schwellwerk und neuem Kleinpedal als elektrische Schleifladen neu gebaut.
Der Registerbestand des Instruments nach der Renovierung 1983 sowie die Ursprünge einzelner Baugruppen ist detailliert in diesem PDF-Dokument erläutert:
Nachstehend finden Sie eine Web-Darstellung der Disposition seit 1983. Wenn Sie sich für die Vorzustände interessieren:
Die im Folgenden genannten Begriffe „Hauptwerk, Schwellwerk, Positiv, Oberwerk, Kronwerk“ finden sich so nicht am Spieltisch. Sie entsprechen einer praktischen Tradition und werden teilweise auch in den Pfeifenbeschriftungen angewendet.
Positiv (1. Man.)
Gedackt 8′
Quintatön 8′
Oktave 4′
Blockflöte 4’
Prinzipal 2′
Terz 1 3/5′
Quinte 1 1/3′
Cymbel 3f.
Dulcian 16′
Krummhorn 8′
Regal 4′
Tremolo
Kronwerk (1. Man.)
Holzprinzipal 8′
Pommer 4′
Nasard 2 2 2/3′
Nachthorn 2′
Sifflöte 1′
Sesquialter 2f.
Mixtur 3-4f.
Hauptwerk (2. Manual)
Prinzipal 16′
Quintade 16′
Oktave 8′
Holzflöte 8′
Gemshorn 8′
Oktave 4′
Rohrflöte 4′
Quinte 2 2/3′
Oktave 2′
Mixtur 5-7f.
Scharff 4f.
Fagott 16′
Trompete 8′
Trompete 4’
Oberwerk (3. Man.)
Liebl. Gedackt 16′
Prinzipal 8′
Spitzflöte 8′
Gedackt 8′
Oktave 4′
Fugara 4′
Gedackt 4′
Quinte 2 2/3′
Oktave 2′
Mixtur 4f.
Trompete 8′
Oboe 8’
Schalmey 4’
Schwellwerk (4. Man.)
Bourdon 16′
Prinzipal 8′
Hohlflöte 8′
Gedackt 8′
Salicet 8′
Vox coelestis 8′
Oktave 4′
Zartflöte 4′
Violine 4′
Quinte 2 2/3′
Waldflöte 2′
Progressio 3-4f.
Scharff 4f.
Fagott 16′
Trompete 8′
Hautbois 8′
Tremolo
Pedal
Prinzipalbass 32′
Prinzipal 16′
Violon 16′
Subbass 16′
Gedacktbass 16′
Quinte 10 2/3′
Oktavbass 8′
Violoncello 8′
Gedacktbass 8′
Oktave 4′
Nachthorn 4′
Flachflöte 2′
Rauschpfeife 2f.
Großmixtur 5f.
Hohe Mixtur 3f.
Posaune 32′
Posaune 16′
(Still-)Posaune 16′
Trompete 8′
Sordun 8′
Clairon 4′
Singend Cornett 2′
Tonumfänge: Man. C-f“‘, Pedal C-f‘
Koppeln: KW/III (entfernt, nicht original), I/II, III/II, IV/II, IV/I, IV/III, I/P, II/P, III/P, IV/P, Generalkoppel.
4 Freie Kombinationen; Organo pleno, Tutti