Untersuchung der Windladen von 1793
Mehrere Konzepte der Vergangenheit (Klais 2000, Wegscheider 2009) zielten auf die Wiederherstellung einer spätbarocken Orgelgestalt in weitgehender Anlehnung an die Situation von 1793 ab. Sind die erhaltenen Windladen (Pedal, Man. I, II, III von Marx, Kronwerk von Schmidt) überhaupt geeignet, gut gearbeitetes Pfeifenmaterial zu tragen? Immer wieder wurden auch Zweifel an ausreichender Kanzellen- und Ventilgröße geäußert. Eine genauere Aufmessung sollte nun für die Orgelkommission mehr Klarheit schaffen.
Mitarbeiter der Werkstatt für Historische Tasteninstrumente Johann Gottfried Schmidt untersuchten im Oktober 2019 die Windladen des II. und III. Manuals. Dafür wurde jeweils die südliche Lade (D-Seite, C steht auf der Nordseite, die mit D# fortsetzt) abgeräumt, danach Kanzellen, Ventile und Bohrungen für die Töne D, c°, c‘, c“, c“‘ ausgemessen.
Neben der Feststellung mehrerer Risse in den Laden konnte festgestellet werden, dass C- und D-Seite mit identischer Teilung und II. und III. Manual mit gleichen Ladengrößen gebaut wurden. Rauhe Kanten lassen auf nachträgliche Vergrößerungen der Bohrungen (die zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu entgraten waren) schließen. Ein gegenwärtig wenig problematischer Schimmelbefall wurde ebenfalls festgestellt. Die Ventile sind möglicherweise noch original, das Alter der Vorventile im Bassbereich müste noch untersucht werden.
Die Wege zur Berechnung ausreichender Querschnitte sind je nach Orgelbauer unterschiedlich, auf Basis aktueller Maßstäbe kommt OBM Schmidt zu dem Schluss, dass im Bassbereich die Kapazitäten mehr als ausgereizt sind, im Diskant aber brauchbare Maße bestehen. Die Gültigkeit dieser Aussage ist bekanntlich sehr von den aufgestellten bzw. vorgesehenen Pfeifen abhängig. Doch scheint es nicht von vornherein sinnlos, eine Weiterverwendung der untersuchten Laden zu überlegen.
Die Lade von Man. I auf Ebene 3 ist kleiner als die untersuchten Laden, aber gegenwärtig (und wäre es auch künftig) entsprechend kleiner, eben als Nebenwerk, besetzt. Die Windproblematik musste hier also nicht noch einmal separat bearbeitet werden. Ebenso ist es bei der als Kronwerk bezeichneten Lade des I. Manuals, die nach gegenwärtigem Befund auf Paul Schmidt (1770) zurückgeht.
Das Pfeifenwerk von Man. II wurde überwiegend in das Dach des südlichen Seitenschiffs verbracht, wo sich schon 1938 die lokale Orgelbauwerkstätte befand. Die Bilder des dort aufgestellten Pfeifenwerks erinnern an in den Triforien aufgestellten Werke englischer Kathedralorgeln. Sowohl bei den Registern Holzflöte 8′ aus Man. II (möglicherweise von Winzer, 1845) sowie Lieblich Gedackt 16′ (Man. III) wurde erneut sichtbar, wie stark die Oberlabien durch eingeklebte Holzstücke erniedrigt wurden, um die Klangentfaltung zu bremsen. Die ansonsten schwer zugängliche Fugara 4′ (Man. III) konnte erstmals näher fotografiert werden und zeigt aufwendige Rollenbärte.