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Der „Janke-Akkord“

In der Folge des 2009 abgehaltenen Kolloquiums zur Zukunft der Rostocker Marien-Orgel stand die Frage im Raum, welches Intonationspotential die Pfeifen des Baujahres 1938 noch hätten, da darüber Einmütigkeit bestand, dass dieses wohl noch nicht ausgereizt war.

Zu Jahresbeginn 2012 wurde der anerkannte Intonateur Reiner Janke, Mitarbeiter der Firma „Freiburger Orgelbau“, zu einer Besichtigung der Rostocker Orgel eingeladen, welche sich diesem Thema widmen sollte. Anlass war eine größere Veröffentlichung Jankes in der Fachzeitschrift „organ – journal für die Orgel“ (Heft 3/2011), welche sich intensiv mit der Veredelung bzw. Auffrischung von Orgeln mit Pfeifenmaterial aus der Neobarock-Zeit befasste. Diese und andere Veröffentlichungen sind auf Jankes Website www.orgel-info.de abrufbar.

Am Ende eines Tages mit Untersuchungen und Gesprächen mit dem Organisten Karl-Bernhardin Kropf war das Interesse da, doch einen praktischen Versuch zu machen. Man kam überein, noch am selben Abend einen Akkord ein wenig zu bearbeiten. Die Schritte sollten nicht zu drastisch sein, um einerseits nicht zu sehr herausstechende Töne zu erzeugen und andererseits, um reversibel zu sein. Gearbeitet wurde nur an den Pfeifen selbst, nicht an der Windversorgung, was nach Vermutungen der Kolloquiums-Teilnehmer wie auch von Janke ebenfalls nötig wäre.

Bearbeitet wurde der eingestrichene C-Dur-Dreiklang (c‘ e‘ g‘) in den Registern Prinzipal 16′, 8′, 4′ und 2′ des II. Manuals, welches in der Praxis als „Hauptwerk“ bezeichnet und aufgefasst wird. Dieses Manual wird klanglich als am meisten entfernt von seinem Soll-Zustand angesehen.

(Wie Untersuchungen im Herbst 2020 zeigten, befindet sich dieses Werk auch an der klanglich schlechtesten Stelle im Orgelgehäuse)

In den hier vorgelegten Aufnahmen wird eine Skala gespielt, welche den bearbeiteten Akkord umschließt. Es folgen zwei Nachbar-Akkorde (H-Dur und Cis-Dur) und schließlich der bearbeitete C-Dur-Akkord.

In der Gesamtaufnahme hört man die Register 16′, 8′, 4′ und 2′ zunächst einzeln, dann die Kombinationen 16’+8′, 8’+4′, 8’+4’+2′ und schließlich 16’+8’+4’+2′:

 

Hier im Einzelnen: Prinzipal 16′

 

Prinzipal 8′:

 

Oktav 4′:

 

Oktav 2′:

 

Prinzipal 16′ + Prinzipal 8′:

 

Prinzipal 8′ + 4′:

 

Prinzipal 8′ + 4′ + 2′:

 

Prinzipal 16′ + Prinzipal 8′ + Oktav 4′ + Oktav 2′:

 

Fazit:

Diese Aufnahme erfolgte Jahre später, nämlich Januar 2021, und es wird grundsätzlich der schlechte Zustand der Pfeifen bzw. der Intonation allgemein erkennbar, und zwar an der teilweise langsamen und ungleichen Ansprache. Der „Janke-Akkord“ klingt kräftiger, in den einzelnen Registern ist der Effekt allerdings unterschiedlich stark.  Die nicht bearbeiteten Töne kann man wohl als klanglich „unterspannt“ bezeichnen. Inwieweit der bearbeitete Akkord bereits nachteilig forciert wirkt, ist Geschmackssache. Grundsätzlich konnte nachgewiesen werden, dass ein Gewinn an Stärke möglich ist, welcher die Klangfarbe nicht verändert. Zusammen mit einer besseren Positionierung dieses Werkes könnte sich ein klanglicher Gewinn einstellen, noch bevor ein Austausch einzelner Register etc. nötig würde.

Diese Überlegungen haben nur für einen Kontext Bestand, welcher eine weitgehende Wiederverwendung der bisherigen Substanz in einer überarbeiteten Orgel vorsieht. Die Entscheidung darüber ist zur Zeit (Januar 2021) noch nicht gefallen.

Die Aufnahme erfolgte in 1 Meter vor dem mittleren Pfeifenfeld der unteren Reihe.

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